Die Simulation Europäisches Parlament hat abgestimmt: Keine eigene Armee für Europa

Bei der zweiten Simulation Europäisches Parlament im Dresdner Rathaus haben knapp 90 Schülerinnen und Schüler über eine gemeinsame Europäische Armee und Verteidigungsunion debattiert und so ein wenig EU-Luft geschnuppert.

19 Ja-Stimmen gegen 68 Nein-Stimmen – so sieht das Abstimmungsergebnis der 2. Simulation Europäisches Parlament Sachsen aus. Nachdem sich die knapp 90 Schülerinnen und Schüler aus ganz Sachsen den ganzen Tag im Dresdner Rathaus über Verteidigungspolitik unterhalten, Bündnisse geschmiedet und informelle Verhandlungen geführt hatten, stand das Ergebnis letztendlich fest.

Bis zu dieser Entscheidung war es allerdings ein langer Weg. Die Simulation Europäisches Parlament – kurz SimEP – fand dieses Jahr schon zum zweiten Mal in Sachsen statt. Nachdem sich weit über 100 Schülerinnen und Schüler auf 90 Plätze angemeldet hatten, bekam jede/r von ihnen ein europäisches Land und eine Fraktion zugeteilt. Diese reichten von den großen Fraktionen EVP und S&D über die liberale ALDE bis hin zur rechtspopulistischen EFDD und der Nordischen Linken GUE/NGL. Unter den Abgeordneten waren auch drei Jugendliche aus Leipzig. Lisa Hill, Schülerin der Henriette-Goldschmidt-Schule Leipzig, übernahm für die Sozialdemokraten den Fraktionsvorsitz.

Eine Rolle, in die sie sich gut einfinden konnte, da sie auch privat viele Ansichten der Sozialdemokraten teilt. Doch das steht bei der SimEP eigentlich nicht im Vordergrund. Hier soll jeder für einen Tag in die Rolle eines Abgeordneten des Europäisches Parlaments schlüpfen und für einen Tag die Meinung der Fraktion übernehmen, derer er oder sie zugeteilt wurde.

Die SimEP wurde erneut durch die Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) Sachsen organisiert, mit dem Ziel, die Abläufe im Europäischem Parlament verständlicher zu machen. „Die SimEP Sachsen ist eine großartige Gelegenheit europäische Politik hautnah und praktisch zu erleben“, meint Maria-Teresa Rölke, Landesvorsitzende der JEF Sachsen. „Gerade in Zeiten von `alternative facts` und plumpen Populismus zeigt  die SIMEP Sachsen, wie spannend Demokratie und Diskussionskultur sein kann und regt zur gesellschaftlichen Mitgestaltung an.“ Mit 18 Freiwilligen und einem halben Jahr Planung will der Verein mit dem Planspiel auch die politische Europabildung in Sachsen stärken.

So auch in diesem Jahr im Dresdner Rathaus. Von morgens um neun bis abends um halb sieben haben die Schülerinnen und Schüler den europäischen Gesetzgebungsprozess innerhalb des Parlaments nachgestellt. Für den Leipziger Schüler Felix Westerhoff, der in der Partei S&D den Sitz des parlamentarischen Geschäftsführers übernommen hatte, war vor allem der Prozess eines Gesetzgebungsverfahrens spannend: „An die schwierigen und oft komplizierten Verhandlungen musste man sich erst einmal gewöhnen. Denn man hatte ja nicht nur innerhalb der eigenen Fraktion zu kämpfen, sondern auch mit den anderen Abgeordneten des Parlaments.“

Damit das Planspiel auch einen Hauch „echter Politik“ bekam, waren drei Abgeordnete des Europäischen Parlaments zur Diskussion eingeladen, Dr. Peter Jahr (CDU), Constanze Krehl (SPD) und Dr. Cornelia Ernst (DIE LINKE). Die Europapolitiker haben sich nach einer Podiumsdiskussion zum Thema Europäische Armee und Verteidigungsunion den Fragen der Schülerinnen und Schüler gestellt. Als Abgeordneter in der Politik zu arbeiten kann sich die Leipzigerin Lisa Hill aber auf gar keinen Fall vorstellen. Denn obwohl sie die grundsätzlichen Zielsetzungen der EU überzeugend findet, gab aus auch ernüchternde Momente: „Es gab einige Situationen in denen sich manche Abgeordnete in der Simulation profilieren und aufspielen wollten“, meint die Schülerin. Dass es auch ein paar eher ungewöhnliche Koalitionen gab, wie zum Beispiel zwischen der liberalen ALDE und der linken GUE/NGL, hat aber dem Lerneffekt keinen Abbruch getan: Denn für den Fraktionsvorsitzenden der EVP Theo Spitzner vom Beruflichen Schulzentrum 1 in Leipzig war vor allem eines wichtig: „Es ist nötig, dass sich die Jugend mehr in die EU einbringt!“

Für alle drei Schüler-Abgeordneten war die SimEP aber vor allem eine spannende Erfahrung, bei der man gelernt hat, dass Politik oft kompliziert und manchmal auch chaotisch ist. Und auch Felix Westerhoff richtet sich noch einmal an alle jungen Leute: „Mein Appell an alle jungen Europainteressierten – nutzt die Möglichkeit der politischen Bildung auch außerhalb der Schule“ – im nächsten Jahr dann vielleicht bei der SimEP im
Sächsischen Landtag.