Europa(politik) in Sachsen

Ein Beitrag der Landesvorsitzenden Katharina Wolf im Sachsenlandkurier (Ausgabe 04/25): Wie viel Europa steckt in unserem Alltag – und was ist wirklich dran an den Mythen über die EU? Katharina Wolf räumt auf mit Vorurteilen und zeigt, wie Sachsen europäische Politik mitgestaltet.

Einleitung

In der Wahrnehmung vieler Menschen überwiegt der Eindruck der Regelungswut der Europäischen Union (EU) mit überzogenen Umweltstandards, der berühmten Krümmung der Gurken, ganz aktuell die Deckel von Mehrwegflaschen etc. Dabei gibt es ja auch vieles, was durch EU-Regelungen in unserem Leben einfacher geworden ist, ganz abgesehen von den offenen Grenzen und freier Reisemöglichkeit.

Mythen über Europa

Wir kennen alle diese und ähnliche Aussagen gegenüber Europa:

  • Brüssel ist ein Verwaltungsmoloch. Der Brüsseler Verwaltungsapparat ist ein ineffizientes Bürokratiemonster mit einer Unmenge von Beamten.
  • Die EU hat ein Demokratiedefizit, die Gesetze von der EU sind nicht wirklich demokratisch legitimiert.
  • Die EU leidet an Regulierungswut; ein aktuelles Beispiel zu Bierflaschen: Im Rahmen neuer Deklarationspflichten wird eine dauerhaft angebrachte Kennzeichnung von Mehrwegverpackung gefordert. Im deutschen Mehrwegsystem, wo seit jeher mit abwaschbaren Etiketten gearbeitet wird, würde dies, so der Deutsche Brauer-Bund, den Weiterbetrieb der erfolgreichen Systeme unterbinden und auf eine vollständige Vernichtung der existierenden Mehrwegflaschen- und Kastenpools hinauslaufen.¹

Die EU ist mit ihren Entscheidungsprozessen ein komplexes Gebilde. Die EU ist damit nicht allein. Auch die Entstehung von Gesetzen in Deutschland ist aufgrund unseres föderalen Systems komplex. Die Grundstruktur ist jedoch vergleichbar: Eine Institution schlägt Regelungen vor, diese Vorschläge werden dann von zwei Kammern beraten und müssen, um rechtskräftig zu werden, übereinstimmend mit Mehrheit beschlossen werden. In fast allen EU-Mitgliedstaaten werden Gesetze im Zwei-Kammer-Prinzip beschlossen.² Die Setzung von Regelungen auf kommunaler Ebene funktioniert jedoch anders. Mit Stadtrat oder Kreistag gibt es auf kommunaler Ebene nur ein Gremium mit gewählten Vertretern, das Regelungen setzt, allerdings unterliegen die Entscheidungen einer rechtsaufsichtlichen Prüfung.

Komplexe Strukturen und Prozesse machen diese anfällig für Missverständnisse und Vorbehalte. Aber nicht nur die Komplexität erleichtert die Entstehung und Verbreitung von Desinformationen und Falschnachrichten. Desinformation und Falschnachrichten werden auch bewusst und gezielt von Akteuren aus dem In- und Ausland eingesetzt, um die Meinungsbildung in der EU und den einzelnen Mitgliedstaaten zu beeinflussen.

Sowohl für die EU als auch für Deutschland haben sich inzwischen verschiedene Instrumente des Faktenchecks entwickelt, deren Ergebnisse öffentlich auf Webseiten nachlesbar sind. Die Vertretung der Europäischen Kommission³ in Berlin betreibt eine eigene Seite, auf der die in Deutschland kursierenden Vorbehalte und Mythen aufgegriffen und richtiggestellt werden. Gerade für die Beobachtung der Meinungsbildung auf digitalen Plattformen und digitalen Medien hat sich in Europa inzwischen ein Netzwerk von Faktencheckern⁴ gebildet, das sich eigene Standards gesetzt hat. Nach diesen Standards arbeitet in Deutschland zum Beispiel die dpa⁵ bei der Aufklärung von Desinformation. In der Folge ist inzwischen auch eine Vielzahl an Lehr- und Unterrichtsmaterial⁶ entstanden, um Medienkompetenz im Schulunterricht ansprechend zu untersetzen.

Und was ist nun richtig an den drei genannten Mythen zu Europa?

  • Die EU beschäftigt ca. 60.000 Menschen für ca. 450 Millionen EU-Bürgerinnen und -Bürger (Verhältnis 1 zu 7.500). In der Europäischen Kommission arbeiten davon ca. 32.000 Mitarbeiter. Lediglich 6 Prozent des EU-Haushalts wird für Personal, Verwaltung und Gebäudeinstandhaltung ausgegeben; 94 Prozent kommen den Mitgliedstaaten, Regionen und Kommunen, Bürgerinnen und Bürgern, Landwirten und Unternehmen zugute. Zum Vergleich: Im öffentlichen Dienst des Freistaates Sachsen⁷ sind 126.250 Personen beim Land und 84.235 Personen bei den Kommunen beschäftigt. Die Gesamtpersonalausgabenquote des Freistaates liegt bei ca. 40 Prozent.⁸
  • Hinter dem Vorwurf der mangelnden demokratischen Legitimation steckt eine Vielzahl von verschiedenen Aspekten: Je nach nationalen Gepflogenheiten oder auch persönlichen Erwartungen wird Demokratie unterschiedlich verstanden und als Maßstab verwendet. Die direkte Beteiligung von Bürgern an EU-Entscheidungen ist nicht vorgesehen, jedoch können Bürger mit der EU-Bürgerinitiative Vorschläge machen. Ohne gesetzliche Grundlage lädt die EU-Kommission immer wieder eine Zahl von repräsentativ ausgewählten Bürgern zu EU-Themen ein. Ganz aktuell sei hier auf die 22 Vorschläge zum nächsten mehrjährigen EU-Haushalt⁹ hingewiesen.
  • Der Vorschlag der Europäischen Kommission sieht vor, dass jede Verpackung gekennzeichnet sein muss: Etikett und QR-Code mit der Information, woraus die Verpackung besteht und in welchen Abfallbehälter sie gehört. Diese Information muss dauerhaft angebracht sein. Ablösbare Papier-Etiketten, die im deutschen Flaschenpfandsystem üblich sind, können diese Bedingung erfüllen. Vorausgesetzt, sie sind verfügbar, so lange die Flasche im Umlauf ist. Kommt sie in die Rotation zurück und löst sich das Etikett beim Waschvorgang ab, für die weitere Wiederverwendung muss ein neues Etikett angebracht werden. Es ist aber nicht notwendig, die Information in die Flasche einzugravieren. Diese Form der Kennzeichnung ist im Kommissionsvorschlag nur als Option genannt.¹⁰

Sachsen in Europa

Seit 1990 die ersten sächsischen Abgeordneten in das Europa-Parlament eingezogen sind, gehören europapolitische Themen in den politischen Alltag auch in Sachsen. Sächsische Abgeordnete haben sich im Europaparlament immer erfolgreich dafür eingesetzt, dass europäische Fördermittel in Sachsen zur Verfügung stehen. Innerhalb Deutschlands ist der Freistaat Sachsen seit 1990 größte Empfängerregion für Strukturfondsmittel.

Mit welchen individuellen Schwerpunkten sich drei sächsische Parlamentarier ganz aktuell einbringen, haben diese im Sachsenlandkurier 02/2025 vorgestellt: die Europa-Abgeordneten Oliver Schenk (EVP/CDU), Matthias Ecke (S&D/SPD) und Anna Cavazzini (EFA/BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Auf den acht Seiten im Sachsenlandkurier sprechen die drei Mitglieder des Europäischen Parlamentes konkrete Ziele und Aufgaben der europäischen Ebene an, die unmittelbaren Bezug auf unser Leben, Arbeiten und Wirken hier in Sachsen haben.

Die weiterhin hohen Förderbedarfe im Freistaat Sachsen stellen Oliver Schenk und Matthias Ecke in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit: „Für die Unternehmen vor Ort ist die Förderung von Innovation und Wirtschaftskraft ein wesentlicher Treiber“, so Oliver Schenk. Der Abbau von bürokratischen Anforderungen an das Fördergeschäft fördert die Wettbewerbsfähigkeit. Regionale Akteure müssen mit europäischen Fördermitteln ihre Herausforderungen bewältigen können; dies kann nur ein regionaler Förderansatz sicherstellen. Produzenten, zum Beispiel von Medizinprodukten, müssen in Europa wieder ein attraktives Umfeld finden, um ihre Produktion wieder nach Europa zu verlegen. Von einem Welthandel, der zunehmend von Abschottung statt von Zusammenarbeit gezeichnet ist, muss die EU sich unabhängiger machen. Sachsen ist beim Halbleiter-Cluster hier europaweit der Vorreiter.

Zugunsten von Unternehmen, aber auch für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort, rückt jedoch auch die Reformbedürftigkeit der Förderung – insbesondere der Kohäsionsförderung – hin zu einer gestärkten regionalen Verantwortung mit erleichterten Förderbedingungen bei gleichzeitig verbreiterten Förderzielen in den Fokus. Denn die Verhandlungen zum kommenden Mehrjährigen Finanzrahmen für die Förderperiode 2028–2034 stehen unmittelbar bevor. In jedem Dorf, jeder Stadt, Gemeinde oder jedem Kreis in Sachsen wurde in den letzten Jahren eine Vielzahl von Projekten der Unternehmen, der kommunalen Verwaltungen, für Bürgerinnen und Bürger mit europäischen Fördermitteln unterstützt. Die Schilder an den geförderten Projekten weisen darauf hin. In einer interaktiven Karte kann man sich die geförderten Projekte anzeigen lassen.¹¹

Ganzheitliche Förderansätze werden genannt: Regionale Besonderheiten wie demografische Herausforderungen sollen regional adressiert werden, neue Ziele wie Rechtsstaatlichkeit, Wohnungsbauförderung sollen geschaffen werden.

Mit einem anderen Blick auf öffentliche Gelder setzt sich Anna Cavazzini für eine strategisch auf nachhaltige und soziale Ziele ausgerichtete Beschaffung öffentlicher Güter ein. Dafür sei die anstehende Reform der europäischen Beschaffungsregelungen der geeignete Anlass.

Mit der Wiedervereinigung ist Ostdeutschland Teil des sogenannten Mehrebenensystems der EU geworden. Die Kernelemente dieses Mehrebenensystems ergeben sich im aktuell geltenden Regelwerk auf europäischer Ebene aus dem Vertrag von Lissabon, der aus dem Vertrag zur Europäischen Union (EUV) und dem Vertrag zur Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sowie weiteren Dokumenten besteht. In Deutschland finden sich die relevanten Regelungen im Europa-Artikel 23 Grundgesetz, im Integrationsverantwortungsgesetz, welches Bundestag und Bundesrat eine Mitwirkung bei vereinfachten Vertragsänderungen u. a. zuspricht, wie auch im Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (EuZBLG).

Auch der Freistaat Sachsen ist Teil des europäischen Normsetzungsprozesses. Nicht nur die sächsischen Abgeordneten im Europaparlament und die sächsischen Mitglieder im Ausschuss der Regionen wirken an der EU-Gesetzgebung mit. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesvertretung Sachsen in Brüssel und früher auch des Büros der sächsischen Kommunen in Brüssel, wie der vom Landtag entsandte Mitarbeiter, beobachten täglich das Geschehen in Brüssel. Sachsen wirkt über den Bundesrat direkt und über die Landesvertretung Sachsen in Berlin indirekt an der Meinungsbildung der Bundesregierung in europäischen Angelegenheiten mit.

Ob nur »Brüssel« entscheidet oder ob und in welchen Politikfeldern die Mitgliedstaaten und Regionen allein oder ergänzend Regeln setzen, ist in der Kompetenzordnung der EU und des Grundgesetzes niedergelegt. Im Vertrag von Lissabon wurde auf Betreiben insbesondere der föderal organisierten Mitgliedstaaten eine abgestufte Kompetenzordnung ausformuliert, gleichzeitig wurden Rat und Parlament in fast allen Rechtsbereichen als gleichberechtigte Mitgesetzgeber eingesetzt, die jeweils in Mehrheitsentscheidungen europäische Gesetze gemeinsam beschließen müssen.

Während den Mitgliedstaaten die Generalkompetenz verbleibt, gilt für die EU-Ebene das sogenannte Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung.

  • Die Kompetenzordnung der EU (Artikel 2 AEUV) gibt der EU nur in den Bereichen Zoll, Wettbewerb, Währung und Handelspolitik eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz.
  • Unter anderem in den Bereichen Binnenmarkt, wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt, Landwirtschaft und Umwelt, Verkehr, Energie, transeuropäische Netze, Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts besteht die sogenannte geteilte Zuständigkeit. Ohne die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zu hindern, kann die EU Programme für Forschung, Technologische Entwicklung und Raumfahrt erstellen und durchführen; ähnlich in der Entwicklungszusammenarbeit.
  • Koordinierende Zuständigkeiten hat die EU in den Bereichen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik. Die bei den Mitgliedstaaten liegende Kompetenz – zum Beispiel in den Bereichen Industrie, Kultur, Bildung, Tourismus, Katastrophenschutz – wird durch eine EU-Kompetenz unterstützt, koordiniert oder ergänzt. Die EU hat hier keine Befugnis, Rechtsregeln der Mitgliedstaaten zu harmonisieren. Eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie eine gemeinsame Verteidigungspolitik sind von den Ebenen gemeinsam schrittweise zu entwickeln.

Aus dieser Auflistung ist erkennbar, dass die EU nur in den wenigsten Politikbereichen ganz allein entscheidet. Überwiegend bestehen nationale und europäische Gesetzgebungskompetenzen nebeneinander.

Gerade aus Sicht der Regionen – Länder und Kommunen – ist daher die Kontrolle der Kompetenzen ein wichtiges Instrument der Einflussnahme: Die Europäische Kommission hat die gesetzliche Pflicht, alle Legislativakte den nationalen Parlamenten vor Beschlussfassung vorzulegen. Die nationalen Parlamente, das sind in Deutschland Bundestag und Bundesrat, können Subsidiaritätsrüge oder Subsidiaritätsklage erheben. Auch der Ausschuss der Regionen, in dem u. a. sächsische Mitglieder vertreten sind, hat das Recht zur Subsidiaritätsklage.

In dem jeweiligen Gesetzgebungsprozess handeln Parlament und Rat jeweils aus, inwieweit nationale Regelungen durch EU-Recht beeinflusst werden. In fast allen Politikbereichen gilt das Prinzip der Mehrheitsentscheidung. Das kann im Einzelfall zu sehr kleinteiligen Regelungen führen, die in der praktischen Umsetzung auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene als »Bürokratie« ankommen.

Neben dem Handeln der EU mittels Verordnungen und Richtlinien steht die europäische Förderpolitik, mit der in den europäischen Verträgen verankerte Politikziele finanziell untersetzt werden. Gerade erst hat die Europäische Kommission den Vorschlag für einen nächsten siebenjährigen Haushalt, den sogenannten Mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2028 bis 2034, veröffentlicht. Bis Ende nächsten Jahres entscheiden nun Rat und Parlament nicht nur über die Höhe der überhaupt der EU zur Verfügung stehenden Mittel (die sogenannten Eigenmittel), sondern auch über die Verwendung dieser Mittel. Zudem wird für jede Förderperiode das Verfahren zur Allokation der Fördermittel neu festgelegt.

Die Presse-Berichterstattung zu den vorgetragenen Argumenten und die Diskussionen zu und über den Eigenmittelbeschluss wie den Mehrjährigen Finanzrahmen werden uns in den nächsten Monaten wieder intensiv begleiten. In Deutschland ist Sachsen der größte Nettoempfänger europäischer Strukturfondsmittel. Dementsprechend setzen sich alle relevanten sächsischen Akteure auf europäischer Ebene wie auch in Deutschland selbst über alle Kanäle dafür ein, für die Jahre ab 2028 daran anzuknüpfen.

Grundprinzip jeder Förderung ist ein vom Fördermittelempfänger zu erbringender Eigenanteil. Dieses aus dem Haushaltsrecht stammende Grundprinzip gilt auf jeder Ebene: egal ob kommunale, regionale, nationale oder europäische Haushaltsmittel zur Förderung eingesetzt werden. Jeder Haushaltsgesetzgeber legt die eigenen Bedingungen für die Förderung fest. Werden zum Beispiel europäische und sächsische Haushaltsmittel kombiniert, um in Sachsen Fördermittel ausreichen zu können, prallen unterschiedliche Haushaltsregelungen aufeinander.

Die sächsischen Fördermittelgeber müssen diese Vorgaben nun miteinander in Einklang bringen. Dies führt im Einzelfall zu sehr kleinteiligen Regelungen, die in der praktischen Umsetzung bei den Fördermittelempfängern als „Bürokratie“ ankommen. Zu Beginn jeder europäischen Förderperiode gibt es Versuche, den Förderdschungel zu lichten und das Fördergeschäft zu vereinheitlichen. Dazu gehört auch eine verstärkte Digitalisierung des Förderverfahrens. In Deutschland wurde – anders als dies in einigen anderen Mitgliedstaaten praktiziert wird – bisher noch nie die Idee aufgegriffen, die EU-Förderprogramme fördertechnisch allein nach den EU-Regularien umzusetzen, indem auf die Anwendung des jeweiligen eigenen Haushaltsrechts verzichtet wird.

Die von Sachsen einmal vorgetragene Idee, die EU-Fördermittel allein nach dem jeweiligen Förderrecht des Empfängerlandes auszureichen, ist nicht aufgegriffen worden. Wir werden sehen, ob die aktuellen Vorschläge der EU-Kommission, die eine neue Abwicklung der EU-Förderung vorsehen, hier Entlastung bringen werden.

Europa in Sachsen

Mit der EU-Förderung von grenzüberschreitenden Projekten sind aus abgehängten Orten an den Grenzen zur Tschechischen Republik oder zur Republik Polen Begegnungsorte mit Nachbarn geworden. Grenzüberschreitende Wanderwege, Menschen, die im Nachbarland arbeiten, Kultur erleben, deren Kinder dort in die Schulen gehen, sind allgegenwärtig. Europa findet nicht nur in Brüssel, Straßburg und Luxemburg oder in Berlin statt. Europa findet bei uns vor der Haustür in Sachsen statt.

Im Koalitionsvertrag für die 8. Legislaturperiode des Sächsischen Landtages 2024 bis 2029¹² kommt das Wort Europa 53 Mal und das Wort Kommunen 141 Mal vor. Allein dieses Zahlenverhältnis zeigt die Gewichtung. Sachsens Platz in Europa wird im Koalitionsvertrag vor allem geografisch – in der Mitte Europas – beschrieben. Daran knüpft die Einleitung des Kapitels Europa und Internationales an. Um die europäische Einigung mitzugestalten, trage Sachsen eine besondere Verantwortung als Brückenbauer, es trete für die Stärkung des europäischen Zusammenhalts ein.

EU-Förderung und Subsidiarität, grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Regionalpartnerschaften, Europabildung und Europaexpertise, Europastrategie und Entwicklungspolitik sind die fünf Unterkapitel des Europakapitals im Koalitionsvertrag.

Im Kapitel „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Regionalpartnerschaften“ wird klar erkennbar, wie verwoben kommunale, regionale und europäische Politiken sind. Nicht nur mit Städtepartnerschaften, sondern auch mit Regionalpartnerschaften kann Sachsen an der europäischen Einigung mitwirken, Unternehmen, Schulen, Bürgerinnen und Bürgern die grenzüberschreitende Zusammenarbeit näherbringen und die Vorteile des europäischen Binnenmarktes, des freien Reisens und Arbeitens sichtbar machen.

Für Unternehmen wichtige Formate wie die „Internationale Wissenschaftskonferenz“ oder Spin-off-Formate mit europäischen und internationalen Partnern stehen ebenso im Fokus wie Formate, die Bürgerinnen und Bürger oder auch Vereine adressieren: das Weimarer Dreieck für die Begegnung mit französischen und polnischen Partnern, für Jugendaustausch und Völkerverständigung, europäische Netzwerke oder der Auf- und Ausbau von Städtepartnerschaften.

Deutlich nach innen gerichtet sind die europapolitischen Vorhaben der Koalition, die Europabildung in den Schulen und die Europa-Expertise in den Verwaltungen zu stärken.

Neben der Stärkung der europäischen Sicherheitsarchitektur und der Verteidigungsfähigkeit, was nicht näher ausgeführt wird, steht die in allen Bereichen mit ausreichender Mittelausstattung auszubauende grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Polen und Tschechien. Die EU hat mit dem „Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ)“ eine Rechtsform geschaffen, mit der ein gemeinsamer Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Projekte bereitsteht. Sachsen nutzt dies bereits für das Schienenverkehrsprojekt Dresden–Prag und will weitere kommunale Gründungsvorhaben unterstützen.


Fußnoten:

  1. Aus der Pressemitteilung des Deutschen Brauer-Bundes vom 26. Mai 2023: https://brauer-bund.de/pressemitteilungen/vorschlag-der-eu-kommission-gefaehrdet-deutsche-mehrwegsysteme/ (2.8.25)
  2. IPEX.eu: Webseite, auf der die Kammern der EU-Mitgliedstaaten ihre Voten zu EU-Vorschlägen sichtbar machen: https://ipex.eu/IPEXL-WEB/document/COM-2022-0304 (4.8.25)
  3. Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin – Faktencheck-Seite: https://germany.representation.ec.europa.eu/nachrichten-und-veranstaltungen/faktencheck_de (2.8.25)
  4. European Fact-Checking Standards Network (EFCSN): https://efcsn.com/(4.8.25)
  5. dpa-Faktencheck: https://www.dpa.com/de/faktencheck (4.8.25)
  6. EU-Lernmaterialien: https://learning-corner.learning.europa.eu/learning-materials/staying-vigilant-online-can-you-spot-information-manipulation_de (4.8.25)
  7. Öffentlicher Dienst Sachsen (Stand Juni 2024): https://www.statistik.sachsen.de/html/personal-oeffentlicher-dienst.html (4.8.25)
  8. Jahresbericht 2023 des Sächsischen Rechnungshofes: https://www.rechnungshof.sachsen.de/JB_23_2_22_Personalhaushalt.pdf (4.8.25)
  9. Vorschläge zum EU-Haushalt: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_25_1272 (4.8.25)
  10. Reaktion der EU-Kommission zum Etikett auf Mehrweg-Bierflaschen: https://germany.representation.ec.europa.eu/news/neue-eu-verpackungsverordnung-etikett-auf-mehrweg-bierflaschen-reicht-2023-06-01_de (4.8.25)
  11. Förderprojekte in Sachsen:
    https://www.europa-fördert-sachsen.de/de/projekte/foerderzeitraum-2021-2027
    https://ec.europa.eu/regional_policy/projects/projects-database/2014-2020/country/germany_de
    (4.8.25)
  12. Koalitionsvertrag Sachsen 2024–2029: https://www.staatsregierung.sachsen.de/download/staatsregierung/241204_Koalitionsvertrag_CDU_SPD.pdf (4.8.25)